04.04.23 – Zu den Rentenprotesten in Frankreich:
Ein Protest
an einer Stelle der Existenzbestreitung ganz in Abhängigkeit
davon, was
der Staat auf Grundlage verstaatlichter Lohnteile den Leuten im
Alter an Lebensunterhalt
zugesteht - und: Rentneralimentierung ist ein Abkömmling davon
ist, wie der Staat die
Lohnarbeiterarmut im aktiven Arbeitsleben in Haft nimmt für das
Leben nach dem Arbeits-
leben (wäre da die Kritik an Lohnarbeiterarmut, Jahrzehnte vor der
Verrentung nicht
gescheiter?)
An der Rentenpolitik nicht
erst in Frankreich könnte einem auffallen, dass das Leben
nach dem Arbeitsleben so eingerichtet ist, dass dies
ziemlich einseitig daran hängt, was und wie der Staat den
endgültig aus dem Erwerbslosen Ausgeschiedenen an
Existenzmitteln zugesteht. Man steht hier also ziemlich
auf verlorenem Posten, dem Staat an der Stelle was
abzuringen: es ist schlicht eine Frage hoheitlicher
Gnädigkeit, was er seinem arbeitssamen Volk am Lebensende
materiell zukommen lässt. Zudem setzt staatliche
Rentenpolitik auf die mit der vom bürgerlichen Staat
lizensierten Lohnarbeit notwendig einhergehende Armut auf:
die Bezahlung als Lohnarbeiter ist eine nach Maßgabe der
Nützlichkeit für die Beibringung von Gelderträgen für
Kapitaleigner, die deswegen möglichst wenig Arbeitsentgelt
rausrücken und für dies Wenige maximale Leistung
einfordern. Rentenpolitik ist die Gemeinheit, die
Arbeiterschaft und deren billige Abspeisung im
Erwerbsleben dafür haftbar zu machen, was sich materiell
im Alter überhaupt tut (wo der karge Lohn völlig
untauglich dafür ist, auch noch ein Existenz nach
Erwerbsarbeit zu bestreiten): über die Abzwackung von
Rentenbeiträgen und der administrativen Festlegung, wer zu
welchen Bedingungen ein Altersgeld erwarten kann. Auf die
Armut im Arbeitsleben folgt die im Ruhestand - und zwar
noch einiges erklecklich darunter, was man als
Arbeitsentgelt gewohnt war. Von daher drängt sich der
Schluss auf: wäre nicht die Benutzung als billiges
Arbeitsmaterial in aktiver Lebensphase nicht eher ein
Einspruch wert, als erst zu den staatlich verabreichten
Lebensbedingungen ausgerechnet fast zum Lebensende einen
Protest anzumelden, die eben ein einziger Akt gnädiger
Gewährung durch des Staates Rentenanstalten sind?
Ein Weiteres kommt hin: auch in Frankreich wird das
Soziale als Manövriermasse für die nationalökonomische
Geltung der Nation behandelt, also als Kosten, die
letztere nicht vertragen würde. Also die Zuweisung von
Existenzberechtigungen im Alter oder Überlebensmitteln im
Falle von Erwerbslosigkeit und Krankheit als abhängige
Größe davon, dass die Nation und ihrer Kapitalwirtschaft
von ihrem ökonomischen Gewicht her in der Konkurrenz zu
anderen Nationen und ihren Kapitalen was hermachen.
Aufschlussreich ist diesbezüglich eine Auskunft einer
Abgeordneten aus dem Regierungslager v. 22.3.23 nach
Deutschlandradio: die Proteste hätten abgewiegelt werden
können, wenn man die geplanten und mit aller Macht von
Macron durchgeboxten Renteneinschnitte besser kommuniziert
hätte; dies normalerweise die Unverfrorenheit, dass das,
was die Herrschenden als Rechtfertigung für ihre Vorhaben
vorbringen, ohne Wenn und Aber vom Volk zu schlucken ist,
dieses absolut nicht reinzureden hat in die
Regierungspraxis. Und bezeichnend ist, was da vorgebracht
wurde: ohne jeden Schnörkel der herrschaftliche Zweck, der
mit der Rentenreform verfolgt wird. Es handele sich
nämlich gar nicht um eine Sozialreform im eigentlichen
Sinne, sondern es ginge um die Verbesserung der
staatlichen Verschuldungslage. Also rücken sie mit fürs
Volk verheerenden Wahrheit raus, dass alles, was für es
notwendiges Existenzmittel ist, sich daran zu relativieren
hat, dass die französische Nation im nationalökonomischen
Kräftemessen mit Ihresgleichen Bestand hat. Also haben die
Franzosen nicht nur die 2 Jahre späteren
Renteneintrittsalter hinzunehmen, damit der Macron-Staat
wuchern kann mit neu aufgestellter ökonomischer
Machtpotenz.
Und der Franzose an der Staatsspitze stellt mit einer
bezeichnenden Rigorosität klar, wie ernst es dem mit
seinem Regierungskurs ist, sich in der Konkurrenz der
Nationen neu zu bewähren, aus ihr gestählt hervorzugehen:
wo stünde Frankreich, wenn man dem Mopp auf der Straße
nachgeben würde (so in einem landesweit ausgestrahlten
Interview um den 22./23.03.23 herum); also Frankreich
zuerst - und dafür haben die Untertanen mit der Kürzung
ihrer Überlebensgelder geradezustehen. - Selbst die
Arbeitsteilung zwischen den Staatsabteilungen, Regierung
und Parlament, umgeht Macron gekonnt, in dem sein
Rentenprojekt gar nicht erst das normale gesetzgeberische
Verfahren durchläuft, sondern per Dekret umgehend
umgesetzt wird.