"Wir erinnern die Verantwortungsträgerinnen und
Verantwortungsträger unseres Landes in Bund und Ländern an ihre
Verantwortung für das Wohlergehen der Bevölkerung. Als
grundlegende Werte stehen Gesundheit und Freiheit des Menschen
miteinander nicht in Konflikt, sondern bedingen sich gegenseitig.
Sie beide zu erhalten und zu fördern ist Aufgabe der drei
demokratischen Gewalten."
(Quelle:http://www.zwd.info/appell-an-die-politik-wir-brauchen-einen-nationalen-krisenstab-mit-wissenschaftlicher-expertise-zur-corona-bekaempfung.html)
Ist
den Wissenschaftlern nicht bekannt, wie sich die bürgerliche
Gewalt dem „Wohlergehen der Bevölkerung“ verpflichtet weiß? Die
steht nämlich gleich zu ihrem Volk als benutzbare Masse für die
herrschaftlichen Belange einer Nation, einschließlich deren
nationalwirtschaftliche Brauchbarkeit. Gesundheit des Volkes
wird deswegen bereits in gewöhnlichen Zeiten, jenseits einer
Pandemie, wegen deren Einsatzes für die Leistungserbringung in
den Kapitalstätten der Nation sehr strapaziert – die Versauung
von Luft, Gewässern und Lebensmitteln wegen deren
profitförderliche Nutzung oder Herstellung tun in der Hinsicht
ihr Übriges dazu: körperliche/geistige Ruinierung und für den
Staat tolerierbare Todesraten sind in Normalzeiten des
bürgerlichen Getriebes fester Bestandteil desselben. Deswegen
ist es auch verkehrt, ein angebliches positives Verhältnis von
Gesundheit und Freiheit in den Raum zu stellen: die Freiheit der
Benutzung armer Leut gegen Geld garantiert gerade deren
Vernutzung; und die letzteren lassen sich gerade wegen des
Zwangs des Dienstes am fremden Reichtum einige
Rücksichtslosigkeit gegen sich gefallen, insofern deren
Broterwerb damit steht und fällt. Ein Gesundheitswesen richtet
die bürgerliche Hoheit gerade auf der Grundlage der gesetzlich
erlaubten Gesundheitsverschleißes in den Betriebsstätten
kapitalistischen Wirtschaftens ein; es enthält den Zynismus, die
systematisch gesundheitlich Lädierten irgendwie wieder
instandzusetzen für genau die Quellen zerstörerischen Einwirkens
auf den Organismus der Werktätigen.
"Eine Vielzahl von entsprechenden
Handlungsempfehlungen wurde von uns und anderen
Wissenschaftler*innen deutlich kommuniziert, aber leider nur
zögerlich, unvollständig oder nicht nachhaltig umgesetzt. Im
Gegenteil: für die Pandemiebekämpfung zentrale und dringend
notwendige Infrastrukturen wie z. B. die Kontaktrückverfolgung
oder die Test- und Impfzentren wurden wieder zurückgebaut.
Auch in der vierten Welle gelingt das Pandemiemanagement nicht
so, wie man es angesichts des Wohlstandes und der
technologischen und administrativen Möglichkeiten Deutschlands
erwarten sollte. Stattdessen verlagert die Politik durch ihr
passives Abwarten zunehmend die Verantwortung, die vierte
Welle zu brechen, ins Private, das heißt in den
Ermessensspielraum jedes einzelnen Menschen. Solch eine
Haltung ist bei nationalen Gesundheitskrisen dieses Ausmaßes
nicht angebracht." (ebenda)
Es ist den Wissenschaftlern offenbar auch
unbekannt, dass die bürgerliche Hoheit gar nicht den
Gesichtspunkt einer konsequenteren Pandemiebekämpfung i.S. der
Forscher drauf hat, sondern es sind bei der lauter Abwägungen
unterwegs, wie man den (Weiter-)Betrieb der nationalen
Standortgepflogenheiten mit ihren reichhaltigen
Betriebsamkeiten, damit auch der Eröffnung der Wege zur
Weitergabe eines Virus, so arrangieren kann, dass der Schädling
nicht in fundamentalerer Weise das nationale und
kapitalistischer Leben durcheinanderbringt. Bis dahin sind für
die Herrschaft allerlei Abstufungen dessen akzeptabel, was das
Virus unterm Volk anrichtet. Der Maßstab der Überlastung des
Gesundheitswesens offenbart den Zynismus, bis wohin Massen an
Infizierten mit schweren Verläufen, Long-Covid-Folgen bis hin zu
etlichen Toten keinen nationalen Notstand begründen würden.
Allerdings ist es ein Fehlurteil, die Politik würde sich durch
„passives Abwarten“ auszeichnen: sie hat schließlich einiges aus
dem „Werkzeugkasten" des Infektionsschutzgesetzes losgetreten
wie 2-/3-G-Regeln, Maskentragen und Distanzgebote, allerdings
auch einiges in Sachen Lockdowns zurückgenommen, um die Schäden
für die geschäftlichen Gewerbe der Nation, den Bildungs- und
Kulturbetrieb einzugrenzen. Nun hat das renovierte
Anti-Corona-Regelwerk, bei dem das Impfen als entscheidende
Waffe gegen die Seuche figuriert, das Pandemiegeschehen in einer
Weise zurückgeworfen, dass da einiges wieder aus dem Ruder zu
laufen droht. Und das politische Echo lautet: bloß nach
Möglichkeit nicht zurück zu nationalen, bundeseinheitlichen
Notbremsen. Zur Abwehr von größeren nationalen Schädigungen
werden v.a. die Untertanen in die Pflicht genommen, gegen wie
auch immer verkehrte oder nachvollziehbare Reime auf das Impfen
seitens der Leute, der Nation und deren Geldwirtschaft das Virus
fernzuhalten (von wegen Verlagerung in den privaten
„Ermessensspielraum"!). Solange dies noch nicht greift trotz
hoheitlich anvisierter Impfpflicht sehen sich einige
Bundesländer mit hohen Inzidenzen und Belastungen des
Gesundheitswesens einstweilen jedenfalls zu Teil-Lockdowns bis
auf Weiteres genötigt.
"Zweitens bedeutet Verantwortung eine
aufrichtige, besonnene und vor allem kohärente Kommunikation,
die den Bürgerinnen und Bürgern vertraut, ihnen aber auch
unangenehme Wahrheiten zumutet sowie klare und konsistente
Verhaltensrichtlinien vorgibt. Dass eine solche Kommunikation
sowie einheitliche verbindliche Regelungen weiterhin fehlen,
untergräbt das Vertrauensverhältnis zwischen Regierung Gund
Bevölkerung, beschädigt somit auch das Vertrauen in die
Maßnahmen – unter anderem in das Impfen – und trägt dadurch
erheblich zur Verlängerung der Pandemie bei." (ebenda)
Den Wissenschaftlern ist offensichtlich
kein Problem, dass die Untertanen in der Weise unter den
kapitalistischen Benutzungsverhältnissen geformt wurden, dass
deren Berechnungen u.U. quer zu dem staatlichen Programm in
einem Ausnahmezustand oder jedenfalls modifizierten nationalen
Notlage stehen: „Verhaltensrichtlinien“, verbindliche
Regelungen“ stehen dafür, dass dem Volk mit Kommandos der
herrschaftlichen Gewalt eingebläut werden müsse, was zum
Zurückfahren einer Seuche nottäte. Weder eine Kritik an einem
u.U. falschen bis gegen sich schädlichen Bewusstseins der
Befehlsempfänger hoheitlicher Kommandos noch die Prüfung
letzterer darauf, ob und inwiefern diese ein Hauch von
Rationalität an sich haben, steht seitens der kritischen
Professoren an.
"Schließlich bedeutet Verantwortung,
die Pandemiebekämpfung dauerhaft und transparent auf die
Erkenntnisse und Instrumente zu gründen, die verschiedene
wissenschaftliche Disziplinen in den vergangenen beiden Jahren
erarbeitet haben. Sie ermöglichen eine präventive
Pandemiepolitik und verhindern den Kontrollverlust, der dann
reaktive, hektische Maßnahmen nach sich zieht."
(ebenda)
Wenn die Politik ihre ganz eigenen
Kalkulationen anstellt, was sie ihrem Herrschaftsbereich im Zuge
einer Pandemie an Einschränkungen zumutet, d.h. es gewusst drauf
ankommen lässt, wie ihr Standortbetrieb mit welcher Seuchenlage
kompatibel zu sein scheint, ggf. zurückrudert, wenn dem
Nachgeben den schönen Freiheiten gegenüber seuchenmäßige
„Rückschläge“ auf dem Fuße folgen, „Kontrollverlust“ allerdings
keineswegs Sache des Staates ist, vielmehr seine Befehlsgewalt
entsprechend durchgreifend gegen das Volk in Anschlag bringt,
auch wenn ihm merkliche Rückschläge bei den Infektionen gar
nicht willkommen sind, den Fokus auf „präventive
Pandemiepolitik“ hat die bürgerliche Hoheit keinesfalls – aber
mit dieser von Wissenschaftler-Seite geforderten Prämisse kann
man sich gut andienen an die herrschaftlichen Zwecke des
nationalen Kapitalismus in einer Pandemie, auch wenn man diese
gar nicht explizit aussprechen muss: wirklich „verantwortliche“,
konsequentere Pandemiebekämpfung im Sinne der Virologen,
Epidemiologen und sonstigen Professoren und Ärzten sind Slogans,
mit denen man Dienstbeflissenheit gegenüber der bürgerlichen
Staatsgewalt an den Tag legt – am besten gleich in Gestalt eines
„nationalen Krisenstab mit wissenschaftlicher Expertise zur
Corona-Bekämpfung“.